Der 21. Rote Tisch: Energiewende – sind wir so gut wie wir denken?
Der 21. Rote Tisch: Energiewende – sind wir so gut wie wir denken?

Der 21. Rote Tisch: Energiewende – sind wir so gut wie wir denken?

Am letzten Roten Tisch des Jahres 2018 begrüßte Matthias Kollatz den Vorsitzenden der Deutschen Energie Agentur Andreas Kuhlmann. Und passend zum Thema der Energiewende, gab es heißen Glühwein.

Matthias Kollatz und  Andreas Kuhlmann  kennen sich schon seit Mitte der 1980er Jahre. Kuhlmann beschäftigte sich, ebenso wie Matthias Kollatz, schon damals mit dem Thema Energiewende. Für ihn steht fest: Eine wichtige Grundvoraussetzung ist, auf den Moment an dem sich eine Vision umsetzten lässt, vorbereitet zu sein. Das vereinfacht dann das Handeln sehr. Die dena (Deutsche Energie Agentur) so Kuhlmann weiter, ist in allen Bereichen aktiv die etwas mit Energie zu tun haben und hat deshalb auch viele Kontakte zu Berliner Unternehmen, denn es gebe eine große Innovationsdynamik in Berlin. Spannend für ihn sind Unternehmen, die dezentral handeln, das sei nicht nur sinnvoller, sondern auch nachhaltiger. 

Ein Kernthema der dena sei die Energieeffizienz. Es gebe dazu viele Projekte und eine immense Akteursvielfalt. Allerdings bedauerte er auch, dass die Themen Energiewende und Klimaschutz auf der politischen Agenda nur noch ein stiefmütterliches Dasein fristen. Das müsse sich unbedingt wieder ändern. 

Matthias Kollatz fügte hinzu, dass wirtschaftlich betrachtet ein Grundargument für den Einsatz der alternativen Energien sei, dass mehr an Wertschöpfung im eigenen Land bliebe. Das gelte aber auch – und vielleicht sogar noch mehr – für Energieeffizienz, bei der eine große Methodenvielfalt möglich sei, die leider nicht immer ausreichend gefördert werde. Die SPD habe nach einer langen internen Auseinandersetzung schließlich nach 1987 und dem Reaktorunfall von Tschernobyl sich für den Ausstieg aus der Kernenergie festgelegt. Das sei bei der CDU, der CSU und der FDP erst viel später nach dem Reaktorunfall von Fukushima von 2011 geschehen, also fast 25 Jahre später. 

Für Andreas Kuhlmann, der zurück kam auf die Akteursvielfalt und die Vorhabensvielfalt, wie Speicher, E- Mobilität und Wärmepumpen, ist die industriepolitische Sicht so wichtig wie die gesellschaftspolitische. Das Thema muss wieder mehr in den Fokus rücken. Matthias Kollatz stellte die Frage, wie wir heizen, in den Mittelpunkt – weil hier zum einen viel in den Städten vorangebracht werden müsse und weil bei dieser Frage vom Volumen her die Energiewende entschieden werde. Andreas Kuhlmann bestätigte die Wichtigkeit und sagte, dass der Energieverbrauch durch Wärme immer noch ca. 50% des gesamten Energieverbrauchs 

ausmache. Die anderen 50% gehen etwa zu gleichen Teilen auf das Konto des Verkehrs sowie des Stroms. 

Wie die Bundesebene das Thema betreibt, sieht Kuhlmann als noch viel zu wenig zielführend an. Nächstes Jahr müsse das Klimaschutzgesetz ausgestaltet werden, Eckpunkte müssten festgelegt werden und eine neue Diskussion zum Thema der Ökosteuer müsse kommen. Wenn wir die Ziele erreichen wollen, müssen alte Gebäude umgerüstet und gedämmt werden. Denn nur mit erneuerbaren Energien werden die Klimaziele nicht zu erreichen sein. Wichtig für die Industrie ist ein verlässlich niedriger Strompreis. Der Netzausbau sei für die Netzstabilität sehr wichtig, so Kuhlmann weiter. 

Matthias Kollatz brachte ein Beispiel für die schwierigen, noch immer vorherrschenden Anreizstrukturen. Gegenwärtig schauen die Vermieter in Deutschland kaum auf den CO2 Verbrauch bei den Mietern. Warum? Die Nebenkosten werden von den Mietern getragen, also investieren die Vermieter zu wenig. Er hält ein Warmmietensystem für eine gute Idee und für förderlich. Des Weiteren müssen wir uns von der Vorstellung verabschieden, wir würden im internationalen Vergleich sehr weit vorne liegen, so Kollatz weiter. 

Aktuell gibt es zwar relativ viel Ökostrom, er wird aber keineswegs voll genutzt. An Tagen starken Windes entsteht aber so zu bestimmten Zeiten ein Überangebot an Ökostrom. Er wird entweder zum Nulltarif oder gar zu negativen Preisen vertrieben – manchmal wird aber der Erzeuger einfach vom Netz genommen. Dagegen könne man aber etwas tun und diesen Überschussstrom zum Heizen nutzen. Für Ihn ist das beste System „Power to Heat“ und das zweitbeste „ Power to Gas“, und gerade hier müsste die vorhandene Infrastruktur genutzt werden. Im Bereich der Elektromobilität ist die direkte elektrische Nutzung natürlich die beste, da es keine Verluste gibt. „Power to Electromobility“ werde aber technisch noch eine Weile benötigen. Wichtige Beiträge, aber all das wird nicht reichen, um die Klimaschutzziele zu erreichen.

Abschließend sprach Matthias Kollatz das Thema Prestigeobjekt Auto an. Kuhlmann ist sich sicher, dass auch Elektroautos sexy sind, und schließlich geht es ja um Mobilität und nicht um Autos. 

Matthias Kollatz ist der Ansicht, dass man den Bedarf zusammenfalten muss. Es darf nur noch die Hälfte an Energien verbraucht werden, von diesem Verbrauch müssen dann wiederum 50% aus erneuerbaren Energien bestehen. 

Ein wichtiger Knackpunkt sind für ihn die vertikalen Innovationen. Bisher wurden Neuerungen zunächst nur in den teuersten Automodellen integriert, um dann nach und nach in den „darunter liegenden Modellen“ serienmäßig eingebaut zu werden. In der Elektromobilität sollte man von unten nach oben denken. Vom kleinsten Batteriepack bei Fahrrädern, später Scootern, dann kleinen PKWs und schließlich zur großen Innovation mit schweren Fahrzeugen. Elektromobilität gelinge also besser mit einem neuen Innovationspfad.

Andreas Kuhlmann stellte schließlich von der Blockchain über serielles Sanieren und das Zukunftslabor Stadt aktuelle Vorhaben der dena dar. 

Aktuelle Vorhaben können jederzeit über die Internetseite www.dena.de abgerufen werden.